Wenn die Haut anfängt, mitzuessen

Nicht nur der Mund ist zur Nahrungsaufnahme befähigt, auch die Haut kann mitessen. Dies haben Wissenschaftler zum ersten Mal kürzlich bei Schleimaalen festgestellt. Diese Meerwasserfische sind nämlich zusätzlich in der Lage, Nährstoffe über ihre Haut aufzunehmen – wie ein Forscherteam um Christ N. Glover in der Fachzeitschrift „Proceedings of the Royal Society B“ berichtet. Auf den ersten Blick erscheint diese Fähigkeit merkwürdig. Die Nährstoffe, die ein Tier benötigt, lassen sich nämlich normalerweise nicht im freien Wasser finden. Betrachtet man jedoch das Nahrungsspektrum dieser Aale, so wird diese Methode der Nahrungsaufnahme sehr praktisch. Diese Fische sind nämlich Aasfresser. Als solche nehmen sie in den Tiefen des Meeres die Spur gestorbener Fische wahr und suchen deren leblosen Leiber auf, in welche sie hineinkriechen. Bakterien und andere Organismen haben bis dahin jedoch schon einen guten Teil des toten Fleisches verwertet und die als Nährstoff wertvollen Aminosäuren ins Wasser ausgeschieden. Diese Substanzen kann der Schleimaal nun über die Kiemen und die Hautoberfläche direkt aufnehmen – ohne sie verdauen zu müssen. Die Forscher mussten viele verschiedene Methoden ausprobieren, um an diese Information zu kommen – an lebenden Tieren schien jeder Versuch des Beweises aussichtslos. Deshalb entnahmen sie Kiemen- sowie Hautstücke von Exemplaren des pazifischen Schleimaals (Eptatetrus stoutii) und überführten diese in kleine Kammern mit einer Lösung, die verhinderte, dass das Gewebe abstirbt. Diesen Behältern wurden verschiedene radioaktiv markierte Aminosäuren zugesetzt – und man konnte feststellen, dass die Gewebestücke mit der Zeit mehr und mehr von diesen Substanzen aufnahmen. Diese bei den Wirbellosen deutlich verbreitere Fähigkeit ist bei Menschen zwar nicht mehr vorhanden, doch auch bei uns ist sie ein leistungsfähiges Organ; sie schützt uns vor Krankheitserregern, schädlichen Substanzen und nimmt – wie unsere Lunge – Sauerstoff auf.


Foto: © Linda Snook/National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA) / Cordell Bank National Marine Sanctuary (CBNMS)